Nach langen Verhandlungen im Koalitionsausschuss haben sich SPD, Grüne und FDP in einer Reihe von Streitfragen geeinigt. Unter anderem soll es mehr Flexibilität beim Klimaschutz und eine schnellere Bauplanung für Autobahnen und das Schienennetz geben. Auch das Thema Öl- und Gasheizungen wurde diskutiert. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die Beschlüsse:
- Mehr Flexibilität beim Klimaschutz: Es soll eine Anpassung der Klimaschutzziele geben, um den wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Branchen Rechnung zu tragen. Zudem soll es mehr Anreize für die Nutzung erneuerbarer Energien geben.
- Schnellere Bauplanung für Autobahnen und das Schienennetz: Es sollen Prozesse beschleunigt und Hindernisse bei der Planung beseitigt werden, um den Ausbau des Verkehrsnetzes voranzutreiben.
- Diskussion um Öl- und Gasheizungen: Hierzu wurden noch keine konkreten Beschlüsse gefasst. Es soll jedoch ein Kompromiss gefunden werden, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu beschleunigen.
Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung
Diese Koalition ist angetreten, um Deutschland zu modernisieren. Bereits im vergangenen Jahr haben die Koalitionspartner umfassende Reformen auf den Weg gebracht, damit 2030 in Deutschland mehr als doppelt so viel erneuerbarer Strom produziert wird wie heute. Gemeinsam mit den Europäischen Partnern wird der Emissionshandel gestärkt und erweitert.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat gezeigt, dass dies nicht nur wegen des Klimaschutzes notwendig ist. Ein Umstieg auf erneuerbare Energien macht Deutschland unabhängiger und sorgt für mehr Sicherheit. Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.
Klar ist: Es bleibt eine Menge zu tun. Damit die Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels, die Modernisierung unserer Infrastruktur und die Sicherung unserer Energieversorgung vorankommen, muss der Staat selbst moderner werden. Planungs- und Genehmigungsprozesse müssen deutlich schneller, effektiver und digitaler werden. Die Koalitionspartner arbeiten dafür an einem neuen Deutschlandtempo. Schon im ersten Regierungsjahr wurden viele wichtige Initiativen auf den Weg gebracht, die Planungen und Genehmigungen beschleunigen.
Das vorliegende Paket wird einen weiteren wichtigen Beitrag leisten, unsere Infrastruktur, die wir auch für das Zeitalter der Klimaneutralität brauchen, zu erhalten und beschleunigt auszubauen. Gleichzeitig wird das Klimaschutzgesetz weiterentwickelt, um den richtigen Rahmen für einen vorausschauenden und effizienten Weg zur Klimaneutralität zu gewährleisten.
Im Verkehrssektor gilt es, die Dynamik in Richtung Klimaneutralität zu beschleunigen und gleichzeitig bezahlbare Mobilität für alle Menschen in diesem Land zu gewährleisten. Dafür braucht Deutschland ein moderneres und klimafreundlicheres Mobilitätssystem. Maßnahmen wie das Deutschland-Ticket, das zum 1. Mai flächendeckend mit einem Einführungspreis von 49 Euro startet oder der Masterplan Ladeinfrastruktur II, sind dafür ein guter Start. In diesem Paket werden weitere Schritte vereinbart, die insbesondere die Dekarbonisierung unseres Straßenverkehrs und die Modernisierung der Bahn beschleunigen werden.
I. Novelle des Klimaschutzgesetzes
Das 2019 verabschiedete Klimaschutzgesetz setzt einen klaren Rahmen für die nationale Klimapolitik. Im Koalitionsvertrag haben die Koalitionspartner vereinbart, das Klimaschutzgesetz weiterzuentwickeln. Die Einhaltung der Klimaschutzziele soll zukünftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden. Basis dafür ist das jährliche Monitoring. Klimaschutz soll damit zu einer echten Querschnittsaufgaben der Bundesregierung werden. Alle Sektoren leisten ihren Beitrag: Stromerzeugung, Industrie, Verkehr, Bauen und Wohnen sowie Landwirtschaft.
Die nationalen Maßnahmen zur Emissionsminderung werden durch die Reformpläne der Europäischen Union unterstützt, den europäischen Emissionshandel deutlich auszuweiten. Ab voraussichtlich 2027 soll der europäische Emissionshandel II gelten, der eine CO2-Bespreisung auch für die Sektoren Wärme und Verkehr vorsieht. Bisher gab es eine entsprechende Bepreisung in diesen Sektoren fast nur in Deutschland. Mit der Einführung des Emissionshandels II wird es einen einheitlichen europäischen Rahmen für die Bepreisung von CO2-Emissionen geben. Für diesen Fortschritt hat sich die Bundesregierung eingesetzt. Zukünftig werden rund drei Viertel der europäischen CO2-Emissionen von einem Handelssystem erfasst. In Anbetracht der Vereinbarungen des Koalitionsvertrages und der neuen europäischen Klimaschutzarchitektur wird der Rahmen der nationalen Klimaschutzpolitik zeitnah angepasst.
Die Bundesregierung wird zeitnah eine Novelle des Klimaschutzgesetzes beschließen. Zeitgleich dazu werden die wichtigsten gesetzlichen Anpassungen aus dem Klimaschutzprogramm insbesondere Lkw-Maut, Reform Straßenverkehrsrecht, Minderungsmaßnahmen Busse und Car-Sharing von der Bundesregierung beschlossen. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes wird insbesondere folgende Punkten beinhalten:
- 1. Künftig wird die Bundesregierung im ersten Jahr einer Legislaturperiode ein umfassendes sektorübergreifendes Klimaschutzprogramm beschließen, um das Erreichen der Klimaziele sicherzustellen. Dabei liegt der Fokus auf einer langfristig wirksamen, ökonomisch vernünftigen und sozial gerechten Transformation.
- 2. Die Bundesregierung wird weiterhin das jährliche Monitoring der Emissionsentwicklung vorlegen. Darin wird für jeden Sektor die erreichte Minderung transparent aufgeführt. Mit den Emissionsdaten des Vorjahres werden in Zukunft die prognostizierte Emissionsentwicklung für die Jahre bis 2030 und mit Blick auf 2035, 2040 und 2045 dargestellt. Das Vorjahresergebnis wird dahingehend bewertet, ob die zur Zielerreichung benötigte Minderungsmenge für jeden Sektor erreicht werden wird.
- 3. Zukünftig werden alle Sektoren aggregiert betrachtet. Wenn die Projektionsdaten in zwei aufeinanderfolgenden Jahren zeigen, dass mit den aggregierten Jahresemissionen bis zum Jahr 2030 das Gesamtminderungsziel nicht erreicht wird, wird die Bundesregierung auf Basis der Vorschläge der maßgeblich für die Minderungsmengen der Sektoren verantwortlichen Bundesministerien Maßnahmen beschließen, die sicherstellen, dass das Minderungsziel bis 2030 dennoch erreicht wird. Alle für die Sektoren verantwortlichen Bundesministerien, insbesondere jene, in deren Zuständigkeitsbereich die Sektoren liegen, die die Zielverfehlung verursacht haben, haben zu den Maßnahmen der Minderung beizutragen.
- 4. Damit das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 erreicht werden kann, werden zum Ausgleich unvermeidbarer Emissionen natürlichen Senken und technische Senken wie Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung (BECCS) oder direkte CO2-Abscheidung aus der Luft und anschließende Speicherung (DACCS) eine Rolle spielen. Die Bundesregierung wird für die Jahre 2035, 2040 und 2045 ein Ziel für Negativemissionen festlegen. Dies wird erstmalig im Jahr 2024 auf Basis der im Koalitionsvertrag für dieses Jahr vorgesehenen Langfriststrategie zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen geschehen.
Die Bundesregierung wird einen Vorschlag für den Übergang vom nationalen (BEHG) zum europäischen CO2-Preis (ETS II) sowie für die Architektur der europäischen und nationalen Klimapolitik ab 2030 erarbeiten. Dabei werden auch Möglichkeiten geprüft, wie die europäische Lastenteilungsverordnung flexibilisiert werden kann, damit die Effizienzvorteile und das Preissignal eines europaweiten Emissionshandels stärker zum Tragen kommen können. Die Deutschland zufließenden Mittel aus dem ETS II werden dem Klima- und Transformationsfonds zugutekommen.
II. Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung
Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren leistet einen zentralen Beitrag, um Deutschland zu modernisieren. Bereits im ersten Regierungsjahr hat die Koalition zwei Beschleunigungspakete abgeschlossen. Mit dem Osterpaket wurden Maßnahmen zum schnelleren Ausbau der Windenergieerzeugung auf See (Offshore) und der Netzanbindung beschlossen. Mit dem Sommerpaket wurde für den schnelleren Ausbau der Windenergieerzeugung an Land (Umsetzung Flächenziele, Maßnahmen zur Klärung Verhältnis Arten-/Klimaschutz) und die zügige Einbindung von Flüssiggas (LNG) in das Gasnetz sowie für die Beschleunigung der Digitalisierung gesorgt.
Zuletzt wurden weitere Beschleunigungen erreicht, u.a. schnellere gerichtliche Kontrollverfahren für große Infrastrukturprojekte sowie Windanlagen und Netze. Mit der Umsetzung der EU-Notfall-Verordnung wird das Tempo beim Ausbau von Wind und Photovoltaik (PV) und den dazugehörigen Netzen nochmals erhöht.
Diese hier festgelegten Maßnahmen sind ein weiterer Beitrag zum Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung mit den Ländern.
Genehmigungsbeschleunigung Verkehr
Ein starker Wirtschaftsstandort braucht eine leistungsstarke Infrastruktur. Als Exportnation, als Hochtechnologie- und Transitland ist Deutschland auf einen reibungslos funktionierenden Personen- und Güterverkehr zwingend angewiesen – denn Mobilität ist ein Standortfaktor. Deshalb soll die Geschwindigkeit der Umsetzung von Verkehrsinfrastrukturprojekten – Straße und Schiene – erhöht werden.
Die Koalitionspartner haben festgelegt, dass ein neuer Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen in Deutschland angestrebt wird. Ziel ist eine Verständigung über die Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplans. Das BMDV hat in einem ersten Schritt für den neuen Infrastrukturkonsens einen breiten Konsultationsprozess mit über 150 beteiligten Organisationen und Verbände eingeleitet. In einem zweiten Schritt wird das BMDV die Ergebnisse des umfangreichen Konsultationsprozesses mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden beraten und im Sommer dieses Jahres einen Dialogprozess dazu beginnen.
Zentraler Baustein einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur ist der Ausbau und die Modernisierung des Schienennetzes. Dafür sollen Planung, Genehmigung und Umsetzung erheblich beschleunigt werden. Mit dem Genehmigungsbeschleunigungsgesetz Verkehr soll für Schienenprojekte, die im Bedarfsplan im Vordinglichen Bedarf oder als Fest Disponiert eingestuft sind, ein überragendes öffentliches Interesse festgelegt werden. Für Geneh mi-gungsverfahren zum Schienenausbau im Kernnetz der Transeuropäischen Netze (TEN) soll eine Frist von höchstens vier Jahren eingeführt werden.
Die Koalition hat vereinbart, deutlich mehr Geld in die Schiene als in die Straße zu investieren und bei Straßen einen stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanierung zu legen, mit besonderem Schwerpunkt auf Ingenieurbauwerke.
Für Bundesfernstraßen ist im Genehmigungsbeschleunigungsgesetz Verkehr u . a. vorgesehen, dass existierende marode Brücken deutlich schneller und einfacher saniert bzw. ersetzt werden können als bisher. Dabei kann für die Gestaltung der Ersatzbrücken auch die künftige Verkehrsentwicklung berücksichtigt werden.
Auch im Netz der Bundesfernstraßen gibt es Stauschwerpunkte und Engstellen, die den Verkehrsfluss stark beeinträchtigen. Daher wird die Bundesregierung für eine eng begrenzte Zahl von besonders wichtigen Projekten und Teilprojekten zur Engpassbeseitigung das überragende öffentliche Interesse festschreiben. Diese Vorhaben müssen entweder der Kategorie „Vordringlicher Bedarf mit Engpassbeseitigung“ (VB-E) oder der Kategorie „Laufende und fest disponierte Vorhaben-Engpassbeseitigung“ (FD-E) zuzurechnen sein. Die Festschreibung geschieht im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren im Einvernehmen mit dem jeweils betroffenen Land.
Flächenbereitstellung und Verfahrensbeschleunigung für Erneuerbare Energien
- 1. Wind-Onshore: Gewerbe und Industrie brauchen mehr günstigen Windstrom. Dazu ist es erforderlich, kurzfristig zusätzliche Flächen für Windkraftanlagen an Land bereitzustellen. Dafür soll der Handlungsspielraum für Kommunen erweitert werden, indem die Kommunen auch dann Flächen für Windenergie ausweisen können, wenn die regionalen Planungen in ihrem Gebiet keine Windflächen vorgesehen haben. Zusätzlich soll eine flächenspezifische Außenbereichsprivilegierung für bestimmte besonders geeignete Flächen eingeführt werden. Auf diesen Flächen sollen Windenergieanlagen für die direkte Belieferung der benachbarten Unternehmen errichtet werden können, ebenso soll auch der Eigenverbrauch ermöglicht werden. Auch der Handlungsspielraum für Länder soll erweitert werden, wenn sie die allgemeine Außenbereichsprivilegierung vorziehen wollen (Länderöffnungsklausel).
- 2. Erneuerbare Energien entlang von Autobahnen und Schienen: Der stufenweise Ausbau von Photovoltaikanlagen entlang der Bundesautobahnen und Bahnstrecken ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, Betrieb und Unterhaltung der Infrastruktur bis 2040 nettoklimaneutral abzuwickeln. Die Autobahn GmbH, die Deutsche Bahn AG und Dritte werden den Ausbau zügig vorantreiben. An Bundesstraßen sollen mehr Windkraftanlagen errichtet werden können. Straßenbau und Klimaschutz sollen zusammen gedacht werden. Es soll kein Kilometer Autobahn mehr geplant werden, ohne die Möglichkeiten der Erzeugung erneuerbarer Energien auszuschöpfen. Bei Autobahnneubau wird für die Nutzung der Strecken zur Erzeugung erneuerbarer Energien gesorgt. Beim Autobahnausbau werden bereits bei der Planung die Voraussetzungen für eine eigenwirtschaftliche Nutzung der Flächen zur Erzeugung erneuerbarer Energien geschaffen. Für den Bestand werden die Voraussetzung geschaffen, die Flächen entlang der Autobahnen grundsätzlich für erneuerbare Energieerzeugung zu nutzen. Das Bundesfernstraßengesetz definiert derzeit verschiedene Zonen entlang von Bundesfernstraßen, die den zulässigen Abstand von Bebauungen regeln. Für Hochbauten jeglicher Art gilt innerhalb einer bestimmten Entfernung ein absolutes Bauverbot bei Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Außerdem gibt es Anbaubeschränkungszonen. Häufig werden noch größere Sicherheitsabstände gewählt. Es wird daher klargestellt, dass nunmehr im Rahmen der anbaurechtlichen Beurteilung die Belange der erneuerbaren Energien grundsätzlich überwiegen. Dennoch treten straßenrechtliche Belange nicht vollständig hinter diese zurück, sondern es ist bei der Einzelfallentscheidung über eine Ausnahmegenehmigung zu prüfen, ob gewichtige straßenrechtliche Belange entgegenstehen, die bei der Bemessung des erforderlichen Abstands zu beachten sind.
- 3. Beschleunigte Genehmigung der Anlagen: Die Koalition wird eine Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes auf den Weg bringen, um Industrie- und Windenergieanlagen an Land sowie Elektrolyseure für Wasserstoff verfahrensrechtlich zu beschleunigen unter anderem durch feste Genehmigungsfristen und vereinfachte Prüfverfahren für Repowering. Für Anlagen innerhalb des europäischen Emissionshandels erfolgt der Anreiz zum effizienten Umgang mit Energie auch künftig über den CO2-Preis. Die Sperrklausel bleibt bestehen.
III. Beschleunigung und Effektivierung des Naturschutzes
Neben dem Klimaschutz ist der Erhalt unserer Artenvielfalt die zweite große ökologische Aufgabe unserer Zeit und dieser Koalition. Auch wenn sich nicht in allen Fällen Nutzungskonflikte zwischen Transformation und Naturschutz verhindern lassen, darf die Qualität unserer Natur insgesamt nicht leiden.
Das Umweltrecht soll nicht lediglich einzelnen Genehmigungsvorhaben isoliert in den Blick nehmen, sondern Umwelt- und Naturschutzvorhaben insbesondere mit Blick auf Ausgleichsflächen vernetzt denken, damit die Flächennutzung künftig zielgenauer entwickelt wird. Dies soll in einem Konsultationsprozess mit Verbänden, Praxis und Wissenschaft vorbereitet werden, den das BMUV beginnen wird. Im Anschluss an diesen Konsultationsprozess werden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, damit Flächen von besonderer Bedeutung für den Schutz der Ökosystemfunktionen schneller und effektiver bereitgestellt und gesichert werden können. Dem Zielkonflikt zwischen Naturschutz und dem Ausbau von Infrastruktur soll dabei durch folgende Maßnahmen Rechnung getragen werden:
- 1. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz müssen Eingriffe in die Natur kompensiert werden.
Dabei ist das Prinzip der Realkompensation vorherrschend; das bedeutet, dass die Beeinträchtigungen von Funktionen des Naturhaushaltes (Schutzgüter Boden, Wasser, Tiere/Pflanzen, Luft) so weit wie möglich gleichartig ausgeglichen oder gleichwertig ersetzt werden. Daneben gibt es bisher nachrangig die finanzielle Kompensation über Ersatzgeldzahlungen. Der reale Ausgleich findet derzeit oftmals in kleinteiligen und unzusammenhängenden Flächen mit wenig Wert für den Erhalt der Biodiversität statt. Bei Ersatzgeldzahlungen werden die Mittel häufig spät und unsystematisch verausgabt. Um den vernetzten Naturschutz zu stärken und großräumig arrondierte Gebiete zu schaffen, sollen künftig Flächen für den Umwelt- und Artenschutz und die Qualität von Maßnahmen gesichert werden. Die Kompensation der Eingriffe kann auch durch entsprechende Zahlungen erfolgen. Damit können die Vorhabenträger Infrastrukturprojekte einfacher und schneller planen.
- 2. Um genügend und vernetzte Flächen für die Renaturierung und den Naturschutz raumordnerisch zu sichern, soll die Möglichkeit geschaffen werden, einen zusammenhängenden länderübergreifenden Biotopverbund als Vorrangfläche zu definieren. Dafür wird die Bundesregierung ein Flächenbedarfsgesetz auf den Weg bringen.
- 3. Um die Entwicklung, Sicherung und Aktivierung einer ausreichenden Flächenkulisse zu gewährleisten und die Kompensationsmaßnahmen für große Bundesvorhaben qualitativ hochwertig umzusetzen, wird eine zentrale Organisationseinheit im Geschäftsbereich des BMUV geschaffen und entsprechend ausgestattet. Es ist bereits jetzt geregelt, dass das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Ausgleichszahlungen für artenschutzrechtliche Eingriffe beim Ausbau der Windenergie und der Netze im Rahmen des nationalen Artenhilfsprogramms verwaltet. Empfänger der bisher nachrangigen Ersatzgeldzahlungen für naturschutzrechtliche Eingriffe sind – außer bei Eingriffen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) auf See – die zuständigen Stellen der Länder. Die Länder betreiben teilweise gemeinnützige Landesgesellschaften, um diese Mittel für den Naturschutz einzusetzen. Sie betreiben außerdem teilweise Flächenagenturen, die für die Entwicklung regionaler Flächenpools und die Vermittlung von Flächen und Maßnahmen an Investoren im Rahmen der Eingriffsregelung zuständig sind. Ziel ist es, zusammen mit den Ländern durch einen überregionalen Ansatz die Wirkung dieser (zweckgebundenen) Mittel für den Natur- und Artenschutz zu erhöhen. Die zuständigen Stellen sollen strategische Flächenakquise betreiben und sich um die langfristige Bewirtschaftung der Flächen kümmern. Unnötige Doppelstrukturen sollen vermieden werden.
- 4. Dafür ist es in einem ersten Schritt erforderlich, die Qualität und Quantität der bestehenden, der benötigten und der möglichen Kompensationsflächen zu erfassen. Daneben soll ein laufendes Monitoring der Durchführung der Maßnahmen und der Verwendung der Gelder erfolgen. Dort wo kommunale Zuständigkeiten oder Zuständigkeiten der Länder berührt werden, kann die Bundesinstitution mindestens beratend tätig werden.
- 5. Es soll geprüft werden, wie das bestehende naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht ausgeweitet werden kann unter Wahrung bestehender Nutzungsinteressen.
- 6. Die Bundesregierung unterstützt die Europäische Union dabei, das Montrealer Abkommen effektiv umzusetzen.
- 7. Zugleich nutzt die Bundesregierung die Verhandlungen über Go-To-Areas im Rahmen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie II (RED II), um die Beschleunigungen der EU-Notfallverordnung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, die sich bewährt haben, dauerhaft zu etablieren. Bis dahin setzen wir uns für eine Verlängerung der NotfallVerordnung ein.
IV. Klimaschutz im Verkehr
Die folgenden Maßnahmen zur Emissionsminderung im Verkehrssektor werden in das sektorübergreifende Klimaschutz-Programm einfließen, welches das Kabinett gemeinsam mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes beschließen wird.
Schienenverkehr, Stärkung des Stadt- und Regionalverkehrs
Die Bundesregierung wird in den kommenden Jahren erhebliche Mittel bereitstellen, um das Schienennetz zu modernisieren und zu erweitern. Klare Priorität hat dabei die Steigerung der Kapazitäten des Kernnetzes.
- 1. Stärkung Investitionshochlauf Schiene: Die Bundesregierung wird die Modernisierung des Schienennetzes und den notwendigen Kapazitätsausbau für den Personen- und Güterverkehr beschleunigen und damit die Umsetzung des Deutschlandtaktes voranbringen. Die Kapazitäten für den kombinierten Verkehr werden modernisiert und ausgeweitet. Die Deutsche Bahn benötigt zur Deckung des Investitionsbedarfs bis zum Jahre 2027 rund 45 Milliarden Euro. Dieser Investitionsbedarf soll soweit wie finanziell darstellbar, u.a. durch den Einsatz von anteiligen Einnahmen aus dem CO2-Zuschlag der Lkw-Maut, gedeckt, die ganz überwiegend für Investitionen für die Schiene genutzt werden.
- 2. Stärkung und Digitalisierung des Bestandsnetzes Schiene: Damit die Kapazitäten für den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene gesteigert werden können, unterstützt die Offensive zur Stärkung und Digitalisierung des Bestandsnetzes die Verkehrsverlagerung auf die Schiene.
- 3. Stärkung Schienengüterverkehr: Der Schienengüterverkehr soll bis 2030 einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen. Dazu wird die anteilige Förderung der Trassenpreise im Schienengüterverkehr fortgesetzt, die Anreize für Investitionen aus dem Sektor in die Erprobung sowie die Markteinführung von Innovationen im Bereich Digitalisierung, Automatisierung und Fahrzeugtechnik im Schienengüterverkehr verstärkt und eine Verstärkung der Entlastung des Einzelwagenverkehrs im Rahmen der Anlagenpreisförderung bei den Kosten für die Nutzung von Zugbildungsanlagen vorgenommen.
- 4. Digitalisierungspaket Schiene: Ergänzend zu den bereits beschlossenen Maßnahmen zur Digitalisierung der Schiene soll erstens durch das Ausrollen des digitalen Kapazitätsmanagements die Nutzung der Kapazität und Infrastruktur des Bundes wesentlich gesteigert werden, zweitens die ETCS-Fahrzeugausrüstung über das laufende Modellvorhaben im „Digitalen Knoten Stuttgart“ des Starterpakets Digitale Schiene Deutschland (DSD) ausgeweitet und drittens die Technologien des Digitalen Bahnsystems (DBS) eingeführt werden.
- 5. Verbesserungen Bahncard 100: Der private Nutzungsanteil der BahnCard 100 kann schon jetzt vom Arbeitgeber abgegolten werden. Nunmehr soll das Deutschlandticket ohne Aufpreis in die BahnCard 100 integriert werden, so dass sie in allen Städten auch für den ÖPNV genutzt werden kann.
Für die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und der Vernetzung unterschiedlicher Verkehre wird die Bundesregierung zusätzlich folgende Maßnahmen ergreifen:
- 1. Stärkung von Terminals des Kombinierten Verkehrs: Die Bundesregierung unterstützt den bedarfsgerechten Ausbau von KV-Terminals öffentlicher Unternehmen an ausgewählten Standorten, deren Ausbauumfang nicht im aktuellen Bedarfsplan enthalten ist.
- 2. Ausbauinitiative Radverkehrsinfrastruktur: Das Maßnahmenpaket „Ausbauinitiative Radverkehrsinfrastruktur – aktive Mobilität“ wird den Ausbau der Radverkehrs infrastruktur mitsamt der erforderlichen Kommunikations- und Begleitmaßnahmen sowie des Fußverkehr fördern und finanzieren.
- 3. Ausbau- und Qualitätsoffensive ÖPNV: Durch die Einführung des Deutschland-Tickets hat der Bund die Weichen für eine deutlich höhere Nachfrage nach den Leistungen des ÖPNV gestellt. In den kommenden Jahren wird es darum gehen, auch das Angebot, insbesondere in suburbanen und ländlichen Räumen weiter auszubauen. Für Investitionen und den Betrieb stellt der Bund in den kommenden Jahren bereits erhebliche Finanzmittel bereit.
- 4. Förderung alternativer Antriebe bei Schienenfahrzeugen: Die Beschaffung von Schienenfahrzeugen mit innovativen emissionsarmen/-freien Antrieben im Schienenpersonennahverkehr und Schienengüterverkehr sowie zur Errichtung der für den Betrieb notwendigen Betankungs- bzw. Ladeinfrastruktur wird gefördert.
Verstärkte Nutzung des Potenzials synthetischer Kraftstoffe:
- 1. Zulassung reiner E-Fuels: Für die Erreichung von Klimaneutralität im Verkehr spielen klimafreundliche Kraftstoffe (insbesondere E-Fuels) eine wichtige Rolle. Ein Hochlauf der Produktion und Nutzung wird daher bereits kurzfristig angereizt. Dafür werden rechtliche und administrative Regelungen, die aktuell einer Ausweitung der Nutzung entgegenstehen, beseitigt. E-Fuels können zukünftig an Tankstellen verkauft werden. Zeitgleich wird ausgeschlossen, dass paraffinische Reinkraftstoffe aus fossilen Quellen oder kritischen biogenen Rohstoffen unbeabsichtigt gefördert werden.
- 2. E-Fuels-Dialog und Roadmap klimaneutrale Kraftstoffe: In einem E-Fuels-Dialog des BMDV mit der E-Fuel-Branche, dem Mineralölhandel, den Automobilherstellern und Importeuren werden bis Sommer 2023 weitere Zulassungs-, Vertriebs- und Nutzungseinschränkungen identifiziert und soweit möglich von der Bundesregierung bzw. der Wirtschaft abgebaut. Mit einer E-Fuels-Strategie wird ein Fahrplan für den Hochlauf synthetischer und klimaneutraler Kraftstoffe vorgelegt.
- 3. Neuzulassungen für E-Fuels-Fahrzeuge: Die Bundesregierung hat sich mit Erfolg auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, dass Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können, auch nach 2035 in der Europäischen Union zugelassen werden können. Die Europäische Kommission wird dazu im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Verordnung zu den Flottengrenzwerten die geplanten Umsetzungsschritte festlegen.
- 4. Forschungsförderung und Entwicklungszusammenarbeit E-Fuels: Die Forschung für die technische Weiterentwicklung und Massenproduktion von E-Fuels wird gefördert. Die Bedeutung als auch das Potenzial zur Herstellung aus Erneuerbaren in industriellem Maßstab von E-Fuels für den Klimaschutz ist außerhalb Europas – insbesondere in Afrika und Südamerika – nochmals größer. Daher werden Projekte zur Förderung der E-Fuels Infrastruktur ausgebaut. Es soll E-Fuel-Partnerschaften geben, um den schnellstmöglichen Hochlauf der E-Fuels-Produktion aus Erneuerbaren in Partnerländern sowohl für die Eigennutzung als auch für den Export nach Europa zu ermöglichen.
Antriebswechsel Lkw und schwere Nutzfahrzeuge:
- 1. CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut: Zum 1. Januar 2024 werden eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut und ein CO2-Aufschlag in Höhe von 200 Euro pro Tonne CO2 eingeführt. Emissionsfreie Lkw werden bis Ende 2025 von der Infrastrukturgebühr befreit, anschließend werden lediglich 25 Prozent des regulären Satzes erhoben.
- 2. Lkw-Maut ab 3,5 Tonnen: Die Lkw-Mautpflichtgrenze wird zum 1. Januar 2024 abgesenkt, sodass grundsätzlich alle Nutzfahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse in die Gebührenerhebung einbezogen sind. Die technische Umsetzung erfolgt schnellstmöglich. Handwerksbetriebe werden ausgenommen.
- 3. Aufbau Infrastruktur-Grundnetze für batterieelektrische und Wasserstoff-Lkw: Der vorausschauende Aufbau eines initialen Netzes an Ladeinfrastruktur und Wasserstofftankinfrastruktur für schwere Lkw bis 2025 wird sichergestellt (Ausschreibung beginnen ab Q3 2023). Für batterieelektrische Lkw wird ein bedarfsgerechtes Grundnetz entlang der Bundesautobahnen geschaffen.
- 4. Förderung von Infrastruktur an Depots, Betriebshöfen, Hubs: Zur Beschleunigung des Markthochlaufs elektrisch betriebener schwerer Nutzfahrzeuge wird der Aufbau von LkwLadeinfrastruktur sowie von Wasserstofftankinfrastruktur für Nutzfahrzeuge an Depots, Betriebshöfen und weiteren Hubs in logistischen Ketten unterstützt.
- 5. Beschluss einer ambitionierten EU-Verordnung zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR): Die Bundesregierung setzt sich für ambitionierte Ausbauziele für Infrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge auf europäischer Ebene ein und unterstützt daher den Vorschlag der Europäischen Kommission, mit dem unter anderem verbindliche Ausbauziele für den Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge festgelegt werden.
- 6. Novelle Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge (Lkw): Die Bundesregierung wird sich im Rahmen der Überarbeitung der CO2-Flottenzielwerte für schwere Nutzfahrzeuge für ambitionierte Reduktionsziele 2030 und 2035 einsetzen, orientiert an den Klimazielen sowie der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit.
- 7. Erweiterung Lkw-Förderung („Umweltbonus Lkw“): Die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur wird bis 2028 verlängert. Künftig wird auch der Aufbau von Lkw-Tank- und Ladeinfrastruktur gefördert.
- 8. Emissionsfreie Busse und öffentliche Fuhrparks: Die Vorgaben des Saubere-Fahr-zeuge-Beschaffungsgesetzes werden dahingehend geändert, dass im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe ab 2030 nur noch bilanziell emissionsfreie Fahrzeuge (insb. Nahverkehrs-Busse) beschafft werden dürfen. Sonderfahrzeuge sind davon ausgenommen. Die bestehende Förderung klimaneutraler Busse einschließlich Infrastrukturen wird bis 2028 verlängert.
- 9. Förderung Sonderfahrzeuge: Das „Sonderprogramm Sonderverkehre“ wird die erforderliche Unterstützung zur Marktvorbereitung und des Markthochlaufsim Bereich der Sonderverkehre und für Sonderfahrzeuge flankieren.
- 10. Förderung Effizienzmaßnahmen Trailer: Das „Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge“ wird zukünftig als reine Komponentenförderung ausgestaltet. Zukünftig soll insbesondere die Anschaffung von CO2-senkender Zusatzausstattung neuer Anhänger und Auflieger bezuschusst werden. Damit können erhebliche Effizienzreserven freigesetzt und der Energieverbrauch gemindert werden.
- 11. Stärkung Innovationscluster: Die Projekte zur technologieübergreifenden Erprobung alternativer Antriebstechnologien (batterieelektrisch mit stationärem und dynamischem Laden, Wasserstoff-Brennstoffzelle) im Zusammenspiel von Fahrzeugen und Infrastruktur auf längeren Korridoren wird fortgeführt.
Beschleunigung Klimaneutralität PKW:
- 1. 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge bis 2030: Bundesregierung, Automobilhersteller
und Gewerkschaften haben sich gemeinsam zum Ziel gesetzt, dass in Deutschland bis 2030 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge zugelassen sind . Wir werden dieses Ziel unseren Planungen und Berechnungen zu Grunde legen. Um das Ziel zu erreichen, bedarf es insbesondere eines schnellen und flächendeckenden Ausbaus an Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Laden muss so einfach werden wie tanken. Je mehr Schnellladesäulen und Ladesäulen verfügbar sind, desto attraktiver wird das batterieelektrische Fahren. Das Erreichen des 15-Millionen-Ziels setzt einen erheblichen Anstieg der Neuzulassungen von batterieelektrischen Fahrzeugen bereits in den nächsten Jahren voraus. Die Bundesregierung wird gemeinsam mit der Branche die Entwicklung eng monitoren und im Bedarfsfall weitere Maßnahmen zur Erreichung des Ziels beschließen.
- 2. Masterplan Ladeinfrastruktur: Der Masterplan- Ladeinfrastruktur II stellt sicher, dass der für die Erreichung der Klimaziele erforderliche Ausbau der Ladeinfrastruktur in Zusammenarbeit von Ressorts, Ländern, Kommunen sowie der Automobil- und Energiewirtschaft erreicht wird. Kommt der Ladeinfrastruktur-Ausbau nicht schnell genug voran, steuert die Bundesregierung über den engmaschigen Monitoring-Mechanismus nach.
- 3. Kurzfristige Maßnahmen zur Verstärkung des Ladesäulenausbaus:
- a. Vorausschauender Ausbau Verteilnetze: Die Verteilnetzbetreiber werden gesetzlich verpflichtet, ihre Netze vorausschauend auszubauen, damit in 2030 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge reibungslos und komfortabel geladen werden können.
- b. Zusätzliche Potenziale für Ladesäulenausbau heben: BMWK und BMDV werden prüfen, wie zusätzliche Potenziale bei Zulassungs- und Netzanschlussverfahren für Ladesäulen gehoben (u.a. Eichrecht, digitale Antragsverfahren) und Netzanschlusskosten reduziert werden können.
- c. Schnellladepunkte an Tankstellen: Die Bundesregierung wird Betreiber von Tankstellen gesetzlich verpflichten, binnen fünf Jahren mindestens einen Schnellladepunkt pro Tankstelle zu errichten. Für die Betreiber kleiner Tankstellen wird es eine Sonderregelung geben.
- d. Ladesäuleninfrastruktur an Gebäuden: Die Bundesregierung wird das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) so novellieren, dass Anforderungen für Ladesäulen-Infrastruktur für Wohn- und Gewerbegebäude deutlich ambitionierter ausgestaltet werden. Außerdem wird gesetzlich geregelt, dass binnen fünf Jahren eine verbindliche Bereitstellung von öffentlich-zugänglichen Ladepunkten bei Stellplätzen mit öffentlichem Zugang erfolgt (Parkplatzauflage für Einzelhandel, Flughäfen, Bahnhöfe etc.).
- 4. CO2-neutrale Fahrzeuge ab 2026 bei Car-Sharing: Durch eine schnellere Umstellung von Carsharing-Flotten auf CO2-neutrale Antriebe kann ein weiterer Beitrag zur Minderung von CO2 im Verkehr geleistet werden. Dazu wird die Bundesregierung über § 5 Absatz 4 Carsharinggesetz (CsgG) die CO2-Neutralität zu einem Eignungskriterium für die Zulassung von Carsharing-Flotten ab 2026 machen. Die Regelung sollte dabei eine im Zeitverlauf ansteigende Anteil vorsehen.
- 5. Förderung kommunale und gewerbliche Flotten: Mit dem „Sonderprogramm Flottenelektrifizierung“ wird die Umstellung kommunaler und gewerblicher Flotten und Mobilitätsdienstleister auf CO2-neutrale Antriebe gezielt vorangetrieben. Fahrzeugflotten von Stadtverwaltungen und kommunaler Unternehmen (Stadtwerke etc.) können einen sichtbaren Beitrag zur CO2-Einsparung leisten.
- 6. Klare Ausweisung beim Autokauf: Die Energieverbrauchskennzeichnung beim PKW („Klima-Label“) wird so reformiert, dass die Belastung über den Lebenszyklus des Fahrzeuges durch die CO2-Bepreisung sowie die Kfz-Steuer deutlich klarer ausgewiesen wird. Dies wird mit einer Kampagne der Bundesregierung zum klimafreundlichen Autokauf flankiert.
- 7. Beschluss einer ambitionierten EU-Verordnung zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR, Teil Pkw und leichte Nutzfahrzeuge): Die Bundesregierung unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission, mit der unter anderem verbindliche Ausbauziele für den Infrastrukturaufbau für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge festgelegt werden.
- 8. Besteuerung nach Klimawirkung: Die Koalition ist sich einig, dass die Besteuerung von Kraftstoffen zukünftig stärker deren Umwelt- und Klimawirkung berücksichtigen sollte. Für klimaneutrale Kraftstoffe sollten daher besonders innovations- und investitionsanreizende Steuersätze gelten. Die Bundesregierung unterstützt deshalb den Vorschlag der
Europäischen Kommission im Rahmen des Fit-for-55-Paketes für eine überarbeitete Energiesteuerrichtlinie, wonach für erneuerbare und fortschrittliche Biokraftstoffe und EFuels geringere Mindeststeuersätze gelten sollen und wird ein entsprechendes Konzept für die steuerliche Behandlung klimaneutraler Antriebe vorlegen. Bei der Besteuerung von Dienstwagen im Rahmen der Einkommenssteuer sowie bei der Kfz-Steuer sollen CO2-neutral betriebene Fahrzeuge gleichbehandelt werden.
Erneuerbare Energien und Elektrifizierung Luft- und Seeverkehr:
- 1. Bundesfinanzhilfen Ausbau Landstromanlagen: Es werden weitere Landstromanlagen für Seeschiffe und Binnenschiffe insbesondere in den großen Seehäfen Hamburg und Bremen und am Rhein gefördert.
- 2. Klimaneutrales Fliegen: Ziel der Fortentwicklung des Luftfahrtforschungsprogramms (LuFo) ist die Entwicklung von Luftfahrttechnologien auf Basis klimaneutraler Antriebe bis 2026. Die in LuFo Klima entwickelten Technologien tragen dazu bei, die Klimawirkung der Luftfahrt schon bis 2030 signifikant zu verringern – zunächst in der Klasse der Regionalflugzeuge bis 2028.
- 3. Klimafreundliche Flughäfen: Um Potenzial für THG-Minderungen an Flughäfen zu heben wird die Bereitstellung von Infrastruktur für die regenerative Bodenstromversorgung von Luftfahrzeugen auf Vorfeldabstellpositionen unterstützt.
- 4. Maritimes Forschungsprogramm und Klimaneutrales Schiff: Das Maritime Forschungsprogramm leistet mit seiner Grundidee, die maritime Industrie in Deutschland zu stärken, einen erheblichen Beitrag zur Erreichung einer klimaneutralen Schifffahrt. In der Überarbeitung des Maritimen Forschungsprogramms soll ein neuer Förderschwerpunkt Klimaneutrales Schiff – Maritime Reallabore aufgenommen werden.
Digitalisierung:
- 1. Vermeidung beruflicher Wege durch Digitalisierung: Durch die Covid-19-Pandemie wurden die Potenziale für mobiles Arbeiten und Homeoffice stärker genutzt und die Anwendung nach Möglichkeit ausgedehnt. Diese Möglichkeiten sollen erhalten werden. Dafür muss der Ausbau der infrastrukturellen Grundlagen vorangetrieben werden. Um das Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard zu erreichen, soll der Marktprozess durch die Gigabitstrategie der Bundesregierung unterstützt und flankiert werden. Die Bundesregierung prüft, ob und inwieweit durch die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen die Attraktivität der Nutzung des Homeoffice auch langfristig für Wirtschaft und Beschäftigte erhöht werden kann.
- 2. Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme: Die Förderrichtlinie „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme “ wird fortgeschrieben und unterstützt damit die Vernetzung der Mobilität, Systeme zur intelligenten Verkehrssteuerung, anbieterübergreifende Buchungs- und Bezahlsysteme, Ride-Sharing und On-Demand-Mobilität, Mobility-as-a-Service (MaaS)-Angebote sowie die Verfügbarmachung und die Nutzung von Umwelt- und Mobilitätsdaten.
- 3. Forschung zur Anwendung von KI-Methoden: Die Förderung von Forschungsvorhaben mit dem Schwerpunkt auf Anwendungen der Methoden der Künstlichen Intelligenz zur innovativen Weiterentwicklung des Mobilitätssystems durch Digitalisierung und digitale Vernetzung wird auf Grundlage eines neuen Forschungsprogramms fortgesetzt.
- 4. Effizienzsteigerungen durch automatisiertes und vernetztes Fahren : Einsparpotenziale aus der zunehmenden Ausstattung von Straßenfahrzeugen mit Automatisierungsfunktionen der Stufen 2 bis 4 ergeben sich (nach der bereits erfolgten Schaffung der rechtlichen Grundlagen dafür) durch den Markthochlauf dieser Fahrzeuge.
Raum- und Verkehrsplanung, Mobilitätsmanagement:
- 1. Modernisierung des Straßenverkehrsrechtes: Wir werden Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen.
- 2. Unterstützung nachhaltiger urbaner Mobilitätspläne: Kommunen werden über ein Förderprogramm bei der Erstellung und der Implementierung nachhaltiger Mobilitätspläne unterstützt.
V. Energieeffizienzgesetz
Neben dem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien muss Energie in Zukunft deutlich effizienter eingesetzt werden als bislang. Energieeffizienz verringert den Energieverbrauch, macht Deutschland unabhängig von fossilen Importen und leistet einen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen. Die Bundesregierung wird deshalb nach Vorlage der Schriftform der EED-Regelungen ein Energieeffizienzgesetz vorlegen, das die Erreichung der Effizienzziele mit Blick auf 2030 sicherstellen soll und dieses für 2040 und 2045 vorschattiert. Das Gesetz wird wirksame Maßnahmen zur Zielerreichung unter Minimierung des Bürokratieaufwands für Unternehmen ab einer bestimmten Schwelle beinhalten. Damit werden die Beschlüsse der Europäischen Energieeffizienz-Richtlinie (EED) zeitnah in nationales
Recht überführt und darüber hinaus – im Sinne frühzeitiger Planungs- und Investitionssicherheit – ein langfristiger Zielpfad gezeichnet. Die Bundesregierung wird unter dieser Maßgabe den Gesetzgebungsprozess zum Energieeffizienzgesetz jetzt unmittelbar starten und darauf achten, dass dabei die finale Fassung der EED-Regelungen mitberücksichtigt wird.
VI. Gebäudeenergiegesetz
Die Energiewende im Wärmebereich ist ein Schlüsselbereich für die Erreichung der klimapolitischen Ziele und für eine weitere Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Ein schnelles Umsteuern im Bereich der Gebäudewärme ist hierbei ein zentraler Baustein. Im Koalitionsausschuss am 24. März 2022 wurde deshalb beschlossen, gesetzlich festzuschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der entsprechende Gesetzentwurf wird gegenwärtig im Ressortkreis überarbeitet. Er wird von der Bundesregierung im April im Kabinett auf den Weg gebracht, um das Gesetz vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen. Es wird darauf geachtet, dass ein technologieoffener Ansatz verfolgt wird, und dass ausreichende Übergangszeiträume zur Verfügung stehen. Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden und sozialen Aspekten angemessen Rechnung getragen; auch für Mieterinnen und Mieter. Damit Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert werden, wird zielorientiert geprüft, wie der ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen aufgrund der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann. Niemand wird im Stich gelassen.